Dienstag, 28. Februar 2012

Deutschland: Öffentliche Armut - Privater Reichtum


Deutsche Haushalte besaßen 2007 nach Abzug aller Schulden etwa 8,6 Billionen Euro. Arbeitnehmer zahlen Steuern und Zinsen für Staatsschulden. Auch Deutschland schont Vermögen

Die privaten Nettovermögen in Deutschland sind viermal so hoch wie die öffentlichen Schulden. Trotzdem verzichtet der Staat auf eine nennenswerte Besteuerung großer Vermögen. Zu diesem Ergebnis kommen die Steuerexperten Prof. Dr. Lorenz Jarass und Prof. Dr. Gustav Obermair in einer Untersuchung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung. Die geringe Vermögensbesteuerung trage - neben Möglichkeiten zur legalen Steuervermeidung für Unternehmen - wesentlich dazu bei, dass von den Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Kapitalanlagen lediglich 22 Prozent an Fiskus und Sozialkassen fließen, von Lohneinkommen hingegen rund 45 Prozent.

Deutsche Haushalte besaßen 2007 nach Abzug aller Schulden etwa 8,6 Billionen Euro, so die jüngste vom Finanzministerium veröffentlichte Zahl zum privaten Nettovermögen. Neuere Zahlen des Bundesverbandes Deutscher Banken bestätigen diese Größenordnung. Gut 60 Prozent des Vermögens befinden sich laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung in den Händen des wohlhabendsten Zehntels der erwachsenen Bevölkerung, während rund zwei Drittel netto nicht über nennenswerten Besitz verfügen.

Der Staat zieht die hohen, auf einen relativ kleinen Personenkreis konzentrierten Vermögen jedoch nur in sehr geringem Umfang zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben heran, konstatieren Jarass und Obermair: Die Vermögensteuer wird seit 1997 nicht mehr erhoben, die Erbschaftsteuer verschont Besitz, der als Betriebsvermögen deklariert ist, und die Grundsteuer fußt auf veralteten Einheitswerten. Nach Daten der OECD liegt das Aufkommen an vermögensbezogenen Steuern in Deutschland unter einem Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Das ist weitaus weniger als in den meisten anderen EU-Staaten, Kanada oder den USA. Diesen Zustand halten die beiden Steuerexperten für nicht akzeptabel. Zumal die Wohlhabenden dem Staat Geld liehen und dafür Zinsen bekämen, die "die Steuerzahler, also vor allem die normalen Arbeitnehmer", bezahlen müssen.

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Lorenz JARASS - Gustav M. OBERMAIR Steuermaßnahmen zur nachhaltigen Staatsfinanzierung (pdf)

Übersicht
1 Ziel: Nachhaltige Staatsfinanzierung  15
2 Einkommenbezogene Besteuerung  26
3 Vermögenbezogene Besteuerung  63
4 Verbrauchbezogene Besteuerung  88
5 Offene Fragen und erforderliche Untersuchungen 96
6 Zusammenfassung 98

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