Dienstag, 15. Mai 2012

Spielzeugrichtlinie: Deutschland reicht Klage gegen die EU-Kommission ein

Die deutsche Bundesregierung hat am 14.05.2012 Klage gegen die Europäische Kommission eingereicht, um die Beibehaltung der höheren deutschen Schutzstandards bei der Sicherheit von Kinderspielzeug durchzusetzen.

Auch Österreich stimmte seinerzeit gegen die Annahme des Vorschlags der EU-Kommission in der nun beschlossenen Form. Spielzeug für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr unterliegt in Österreich dem
Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG). Österreich versuchte bislang über die Generalklausel, dass in Verkehr befindliches Spielzeug sicher sein muss, die neuen EU-Spielzeugvorgaben in Österreich im Sinne der Kinder umzusetzen.

Hintergrund ist die neue europäische Spielzeugrichtlinie 2009/48/EG. Seit Juli 2011 ist europaweit die „neue Spielzeugrichtlinie“ anzuwenden. Danach dürften Spielzeuge ab Juli 2013 aber teilweise mehr Schadstoffe enthalten als derzeit in Deutschland zulässig. Dies will die deutsche Regierung verhindern. Einen Antrag der Bundesregierung, die strengeren deutschen Grenzwerte für bestimmte gefährliche Substanzen beibehalten zu können, hatte die EU-Kommission zuvor in Teilen abgelehnt. Die Bundesregierung hat deshalb Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) eingereicht. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht die Belastung von Spielzeug unter anderem mit Blei, Arsen und Quecksilber. In bestimmten Konzentrationen können diese Stoffe bei Kindern die Entstehung von Tumoren auslösen und das Zentralnervensystem schädigen.

Die deutsche Bundesregierung setzt sich bereits seit Jahren intensiv für sicheres Spielzeug ein und hat in der Diskussion um die Spielzeugrichtlinie wiederholt auf Verbesserungen gedrängt. Einerseits bringt die neue Spielzeugrichtlinie zwar viele Verbesserungen zum Schutz der Kinder. So gelten mit Anwendungsbeginn im Juli 2011 strengere Anforderungen an die Produktion von Spielzeug sowie schärfere Kontrollpflichten für Hersteller und Importeure. So darf zum Beispiel ein Spielzeug nicht mehr fest mit Lebensmitteln verbunden sein, um für Kinder die Gefahr des versehentlichen Verschluckens zu verringern.

Andererseits aber geht die neue Richtlinie der deutschen Regierung in wesentlichen Punkten nicht weit genug. Dies betrifft vor allem die chemischen Anforderungen an Spielzeug, die ab Juli 2013 anzuwenden sind. Daher hatte sie die EU-Spielzeugrichtlinie bei der Abstimmung in Brüssel abgelehnt und sich mit Nachdruck für weitergehende Verbesserungen eingesetzt. Erforderlich ist es aus Sicht der Bundesregierung, die Grenzwerte bestimmter Schwermetalle wie Blei, Arsen und Quecksilber weiter abzusenken. Das Bundesverbraucherministerium hatte deshalb beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in Berlin verschiedene Risikobewertungen für Spielzeug in Auftrag gegeben, um in Brüssel die Notwendigkeit von Verbesserungen der Sicherheit von Spielzeug zu untermauern.

Am 20.Jänner 2011 hatte die deutsche Bundesregierung bei der EU-Kommission einen Antrag nach Artikel 114 Absatz 4 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestellt, um - abweichend von der neuen Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug - nationale Grenzwerte für fünf Elemente (Blei, Barium, Arsen, Quecksilber und Antimon) sowie für Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe beizubehalten. Der Antrag wurde notwendig, da die EU-Richtlinie Grenzwerte vorschreibt, die nach Einschätzung nationaler Experten, zum Beispiel des Bundesinstituts für Risikobewertung, keinen ausreichenden Schutz der Gesundheit von Kindern gewährleisten können.

Mit Beschluss vom 1. März 2012 hat die Kommission dem Antrag nur in Teilen stattgegeben: So konnte sich die Bundesregierung mit ihrem Antrag bei den krebserzeugenden und erbgutschädigenden Nitrosaminen durchsetzen. Jedoch dürfen die nationalen Grenzwerte für Blei und Barium in Spielzeug nach Auffassung der EU-Kommission nur noch bis zum 21.7.2013 abweichend in Deutschland Anwendung finden. Die beantragten abweichenden Grenzwerte für Antimon, Arsen und Quecksilber wurden von der Kommission nicht gebilligt.

Gegen den Beschluss der Kommission setzt sich die Bundesregierung nun rechtlich zur Wehr und macht von der Möglichkeit Gebrauch, gegen den Kommissionsbeschluss mit einer Klage vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) vorzugehen.  

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